Dass Neonazis einen ruhigen Rückzugsraum brauchen, um ihre Aktionen zu organisieren, ist eine alte Antifa-Gewissheit und scheint sich dieser Tage wieder einmal Bilderbuchhaft zu bewahrheiten:
Direkt neben Düsseldorf ist der Kreis Mettmann gelegen mit seiner beschaulichen und ruhigen Kreisstadt selbigen Namens. Die Beschaulichkeit wird ergänzt durch kulturelle Highlights wie die Gaststätte „Lounge Deluxe“ auf der Elberfelderstraße 53 – mit angeschlossener thailändischer Küche.
Seit 2009 wird diese Gaststätte für Veranstaltungen der neonazistischen Szene genutzt. So fanden hier beispielsweise Mobilisierungsveranstaltungen für neonazistische Aufmärsche, wie zu denen am 29. Januar 2011 in Wuppertal oder am 8. und 9. April 2011 in Stolberg, statt. Organisiert werden derartige Veranstaltungen insbesondere von den „Nationalen Sozialisten Wuppertal“ um Kevin Koch und dem NPD-Kreisverband Mettmann/Düsseldorf um Nadine Braun und Manfred Breidbach. Vor Ort anzutreffen waren auch mehrfach die Neonazikader Axel Reitz aus dem Raum Köln sowie der Düsseldorfer Sven Skoda.
Antifaschistinnen und Antifaschisten aus dem Kreis Mettmann und den angrenzenden Städten haben im Rahmen einer Flugblatt-Aktion Anwohnerinnen und Anwohner darüber informiert. In Mettmann fingen dann Leute an, sich gegen diesen Zustand zu wehren und organisierten eine Veranstaltung (Presse).
Parallel zu der Veranstaltung demonstrierten rund 50 zum Großteil aus den umliegenden Städten angereiste Angehörige der militanten Neonaziszene auf dem zentralen Platz in Mettmann unter dem Motto „Pressehetze abschalten!“ und solidarisierten sich mit dem Gaststättenbesitzer Frank Krellner, der ebenfalls anwesend war. Organisiert wurde die Veranstaltung offensichtlich von der Düsseldorfer NPD und der neonazistischen AKTIONSGRUPPE RHEINLAND.
Nicht genug, dass die Mettmanner Polizei offensichtlich von der Neonazi-Aktion wusste und diese geheimhielt, diese auch nur lediglich mit einem erkennbaren Beamten begleitete. Jetzt ermittelt diese offensichtlich gegen Menschen wegen des „Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz“, die an obigem Flugblattverteilen teilgenommen haben sollen.
AntifaschistInnen fordern jetzt in einer Pressemitteilung:
Neonazi Problem in Mettmann offenlegen – Lounge Deluxe dichtmachen!
Pressemitteilung vom 04.07.2011 der Kampagne „Ladenschluss“ zu dem Neonazitreffpunkt „Lounge Deluxe“ in Mettmann:
Sehr geehrte Damen und Herren,
Nachdem wir am 18. Mai 2011 Anwohnerinnen und Anwohner der Mettmanner
Gaststätte LOUNGE DELUXE durch eine Flugblattverteilaktion darüber
informiert hatten, dass auf der Elberfelderstraße 53 immer häufiger
Neonazi-Veranstaltungen stattfinden und sich die Kneipe zu einem frei
verfügbaren Neonazitreffpunkt entwickelt, hat sich einiges getan. Die
Lokalpresse griff das Thema engagiert auf, das BÜNDNIS FÜR TOLERANZ UND
ZIVILCOURAGE organisierte sogar eine Informationsveranstaltung im
Mehrgenerationenhaus. Eine breite Öffentlichkeit konnte erreicht und
sensibilisiert werden. Doch reicht dieses aus? Leider ist diese Frage zu
verneinen.
Der Inhaber der LOUNGE DELUXE, Frank Krellner, betont zwar, kein
Neonazi zu sein, kündigt aber keineswegs an, Neonazis in Zukunft keine
Räumlichkeiten mehr zur Verfügung zu stellen. Eine Distanzierung von der
Neonazi-Szene ist seinerseits auch nicht bekannt. Die LOUNGE DELUXE
ist demnach weiterhin als neonazistischer Treffpunkt und
Veranstaltungsort nutzbar.
Doch damit nicht genug. Krellner scheint die Neonazis sogar als
willkommene Unterstützer zu begreifen, die sich mit ihm gegen die
Vorwürfe solidarisieren. Parallel zu oben erwähnter Veranstaltung des
BÜNDNIS FÜR TOLERANZ UND ZIVILCOURAGE rückten NPD und die
neonazistische AKTIONSGRUPPE RHEINLAND in Mettmann an, unter ihnen
auch etliche Personen aus dem Kreisgebiet und aus Mettmann selber.
Unklar ist, ob sie zur Störung oder gar Verhinderung der Veranstaltung
gekommen waren oder ob ausschließlich eine Kundgebung auf dem
Jubiliäumsplatz geplant war, die letztendlich auch stattfand. Zirka 55
Angehörige der militanten Neonaziszene demonstrierten dort, beobachtet
von der Polizei, unter dem Motto „Pressehetze abschalten!“ und
solidarisierten sich mit Frank Krellner, der ebenfalls anwesend war,
sich aber etwas verschämt im Hintergrund aufhielt, nicht ohne sich bei
den Neonazis zu bedanken und kurz das Wort zu ergreifen. Damit hat er
mehr als deutlich gemacht, was von ihm auch zukünftig zu erwarten ist.
Jedoch wurden die VeranstalterInnen der Informationsveranstaltung im
Mehrgenerationenhaus von der Polizei nicht über das geplante
neonazistische Treiben in der Stadt informiert, obwohl die Anwesenheit
von mehreren Dutzend Neonazis eine konkrete Bedrohung für an- und
heimreisende BesucherInnen der Veranstaltung darstellte. Auch im
Nachhinein wurde die Öffentlichkeit nicht informiert. Eine
Pressemitteilung, ansonsten ein alltäglicher Routinevorgang der
Pressestelle einer Polizeibehörde, wurde nicht veröffentlicht, so
dass auch in der Tagespresse nichts von der neonazistischen Kundgebung
zu lesen war, wobei von unserer Seite nicht endgültig zu klären war, ob
die Presse uninformiert war oder aus eigener Entscheidung nicht berichtete.
Es besteht also nach wie vor Gefahr, dass das Neonaziproblem in Mettmann
weiter unter den Teppich gekehrt und verharmlost wird. Frei nach dem
Motto: Wenn nichts berichtet wird, dann gibt es auch kein Problem!
Mettmann soll eben kein Naziproblem haben, schließlich schadet das dem
Ruf der Stadt. Dass eine solche Herangehensweise exakt das Gegenteil des
gewünschten Effektes bewirkt, zeigt sich an vielen Beispielen aus
anderen Städten, am deutlichsten in Dortmund. Muss auch in Mettmann erst
Schlimmeres passieren (in Dortmund war es ein von einem Neonazi
ermordeter Punk), bevor das Problem ernst genommen und angegangen wird?
Anke Kladic, Sprecherin der Kampagne LADENSCHLUSS:
„Wir sind nicht bereit, dabei zuzusehen, wenn sich auch in Mettmann
Neonazistrukturen fest verankern! Wir dulden keinen Neonazitreffpunkt
und werden solange intervenieren, bis der Laden geschlossen ist. Wir
fordern darüber hinaus eine öffentliche Stellungnahme der Stadt Mettmann
zu den Geschehnissen am 28. Juni 2011 auf dem Jubiläumsplatz. Seit wann
war der Stadt bzw. der Kreispolizeibehörde bekannt, dass eine
neonazistische Aktion in Planung war? Wann wurde diese angemeldet? Wieso
hat es die Polizei unterlassen, die Öffentlichkeit, insbesondere
gefährdete Personen zu informieren?“
Für Rückfragen stehen wir unter der Telefonnummer 0172 / 211 13 11 zur
Verfügung.
Für die Kampagne „Ladenschluss“ und mit freundlichen Grüßen
Paul Löwe
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